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Rede zum Volkstrauertag 2021

Im Rahmen einer Gedenkfeier zum Volkstrauertag trug Ortsvorsteher Dieter Peters diese Rede vor.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Ihnen zunächst die Gedanken zum Volkstrauertag zum Jahr 2021 von Wolfgang Schneiderhan, dem Präsidenten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., vortragen

„1941, also vor 80 Jahren, wurde der 1939 von Deutschland losgetretene Krieg zum Weltkrieg. Noch vor dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 erfolgte im Mai die Besetzung Griechenlands und Jugoslawiens und im Dezember desselben Jahres erklärte das Deutsche Reich den USA den Krieg.

In Deutschland hatte niemand die Kraft und die Macht, Hitler in den Arm zu fallen. Zu einem Widerstandsakt des Militärs kam es erst 1944, er scheiterte. Versuche aus der Zivilgesellschaft, der deutschen Venichtungsmaschinerie Sand ins Getriebe zu streuen, wie die der 1942 gegründeten Widerstandsgruppe Weiße Rose, waren da bereits nieder-geschlagen. Vergessen sollten wir sie jedoch nicht. Viele zahlten ihren Mut mit dem Leben. Sophie Scholls 100. Geburtstag wäre in diesem Jahr gewesen. Tatsächlich fiel sie mit 21 Jahren dem Fallbeil der nationalsozialistischen Terrorjustiz zum Opfer. Sie war nicht die Einzige.

Anders als andere europäische Kriege strebte der Zweite Weltkrieg von deutscher Seite nicht nur den Sieg über das gegnerische Militär, sondern die Vernichtung und Versklavung ganzer Völker an. Der Tod und das Elend der Zivilbevölkerung in den angegriffenen Gebieten waren kein Kollateralschaden, sondern erklärtes Kriegsziel. Auch die Ermordung der Juden oder der Sinti und Roma wäre in diesem Ausmaß ohne den Krieg nicht möglich gewesen, da die große Mehrzahl der Opfer in den unterworfenen Gebieten lebte.

60 bis 70 Millionen Menschen sind durch den Zweiten Weltkrieg zu Tode gekommen. Viele weitere Millionen Menschen verloren ihre Gesundheit, ihre Angehörigen, ihre Heimat oder ihren Lebensmut – oder sie mussten bis zu zehn Jahre in Kriegs-gefangenschaft aushalten. Man kann das Gedenken, dem der Volkstrauertag dient, daher nicht auf die gefallenen Soldaten und schon gar nicht auf die gefallenen deutschen Soldaten reduzieren.

Es ist keine Floskel, wenn wir an diesem Tag aller Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedenken. Wir gedenken der gefallenen Soldaten aller Länder, der Juden, Sinti, Roma und anderer verfolgter Minderheiten, der physisch und psychisch Geschundenen und auch der Kriegsgefangenen. Hierzu nur eine Zahl: Von den mehr als fünf Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen in deutscher Gewalt haben drei Millionen den Krieg nicht überlebt.

Wie kann man mit diesen Lasten umgehen, selbst wenn schon 80 Jahre vergangen sind oder sollte man nicht besser sagen: Zumal erst 80 Jahre vergangen sind?

Wir können das Geschehene nicht rückgängig machen und wir können es auch nicht ignorieren, relativieren oder umdeuten. Der einzige Weg, der uns bleibt, ist, dafür einzutreten, dass sich Krieg und Diktatur nicht wiederholen können. Wir müssen uns mit aller Kraft im Inneren für Demokratie und Toleranz und im Äußeren für Verständigung und Versöhnung engagieren. (Unsere Bildungsarbeit und unsere internationale Zusammenarbeit mit den Ländern, die die deutsche Aggression erlitten haben, sind daher keine Anhängsel an die Kriegsgräberfürsorge im engeren Sinne, sie sind ein elementarer Bestandteil unserer Arbeit.)

Dass uns die europäischen Nachbarn und ehemaligen Kriegsgegner die Hand der Versöhnung gereicht haben, ist ein wertvolles Geschenk, das es zu bewahren gilt. Dies erfordert, dass wir das entstandene Leid, auch das der anderen, nicht vergessen.

Der Volkstrauertag steht für Gedenken und Innehalten, für Empathie und Mahnung, für Verständigung und Versöhnung. Er ist auch eine Brücke in die gemeinsame friedliche Zukunft Europas.“ ( in Handreichung zum Volkstrauertag am 14.November 2021 des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge)

Auf dem Hintergrund dieser Gedanken von Herr Schneiderhan zum Volkstrauertag möchte ich an dieser Stelle auf die aktuelle Diskussion um die Umbenennung von Straßen in Völklingen hinweisen.

Der Historiker Dr. Rainer Möhler stellte dazu fest, dass die fünf Namensgeber Lüderitz, Nachtigal, Wissmann, Lettow-Vorbeck und Peters in Afrika, China und im Pazifik betrogen, gemordet und vernichtet haben. Diese Männer wurden auf dem Heidstock durch ihren Namen auf Straßenschildern geehrt. Ich kenne wie Herr Möhler kein Argument, wieso wir diese Menschen, mit dem Wissen von heute, noch in ehrenhafter Erinnerung behalten sollten. Besagte Straßennamen wurden 1956 von Stadtverordneten wiedergewählt, die sich in ihrer Mehrheit noch nicht vom nationalsozialistischen Gedankengut und der dahinterstehenden Ideologie befreit hatten.

Seit einigen Jahren erleben wir europaweit ein Erstarken jener verhängnisvollen Ideologien und Propagandamuster, die vor einem Dreivierteljahrhundert den Kontinent beinahe in den Abgrund gerissen haben. Die neuen radikalen Nationalismen, gepaart mit Fremdenhass und Demokratiefeindlichkeit, sind besorgniserregend. Ihnen müssen wir auf allen gesellschaftlichen Ebenen entgegen-treten.

Ich sehe Völklingen als eine weltoffene und tolerante Stadt, in der sich Menschen aus allen Kulturen wohlfühlen, egal, ob sie zu Besuch sind, oder hier eine neue Heimat finden. Dafür wäre die Umbenennung der Straßen für mich ein gutes Zeichen. Wir zeigen damit, dass wir für das Wirken dieser Männer, nämlich deren brutale Ausbeutung und Ermordung von vielen tausend Menschen in der Zeit des Kolonialismus, heute kein Verständnis mehr aufbringen und deshalb ihre Namen von Straßenschildern entfernen.

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31. März 2024